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In der heutigen Zeit kontrollieren und managen wir fast alles: unsere Ehepartner und Kinder, unseren Zeitplan mit vielen verschiedenen Aufgaben, unsere Mitarbeiter (und gelegentlich auch die Vorgesetzten), unsere Projekte, Jobs und Pöstchen: Dank Outlook, Smartphones und Projektplänen können wir alles strukturieren, priorisieren und steuern. Warum also auch nicht auch unsere Gefühle?

Die Aufforderung zu „Gefühlsmanagement“ oder auch „Emotionsmanagement“ taucht zunehmend häufiger in Illustrierten, Lebens- und Karriereratgebern auf.
Wie und vor allem wieso sollte man Gefühle managen?

Dem Chef vor Freude um den Hals fallen, dem Kollegen die Wut direkt an den Kopf schleudern, vor Enttäuschung im Meeting weinen – sicherlich eine ganz direkte Art, Gefühlen Ausdruck zu geben. Besonders im beruflichen Umfeld halten wir dies allerdings für weniger geeignet. „Gefühle haben im Job nichts zu suchen“. Stattdessen versuchen wir lieber, uns unsere Gefühle nicht direkt oder zumindest nicht allzu überschwänglich anmerken zu lassen. Also lächeln wir zurückhaltend und bescheiden, reißen uns zusammen, schlucken runter, fressen in uns rein. Und nehmen uns vor, uns das nächste Mal (noch) besser im Griff zu haben. Leben wir unsere Emotionen nicht aus, finden wir keinen Weg, sie auszudrücken – und damit schließe ich positive wie negative ein -, nehmen wir in Kauf, dass wir unter wachsender Anspannung, Stress und Druck bis hin zu großen Konflikten leben werden. Oftmals ist die Unterdrückung von Emotionen aus Angst, einen Konflikt auszulösen, erst die Ursache für eine schwelende Krise. Emotionen (der Einfachheit halber unterscheide ich hier sprachlich wissenschaftlich-korrekt in Gefühle und Emotionen) sind nicht direkt, nur indirekt beeinflussbar. Sie entstehen durch das, was wir als bisherige Lebenserfahrungen, Erinnerungen und Bewertungsmustern abgespeichert und in unserem Unterbewusstsein als „Filter“ hinterlegt haben. Also eigentlich durch das, was wir über eine bestimmte Situation, einen bestimmten Menschen denken! Danach be-werten wir Ereignisse, das heißt, wir messen ihnen einen bestimmten Wert bei. Die Bewertung erst entscheidet, auf welcher Seite des Gefühlspektrums wir zurückgreifen werden: Positive Bewertung: freudige Gefühle – negative Bewertung: Angst, Wut, Scham, etc. Unangenehme Gefühle sind also nicht dadurch entstanden, dass sich etwas bestimmtes ereignet hat, sondern dass wir über das Ereignis etwas ganz bestimmtes Denken!
Und nun die gute Nachricht: hinderliche Denkmuster können und dürfen wir aus eigener Kraft wieder verändern.

Unser Kopfkino beeinflusst die Gefühle. Stellen wir uns das Ganze einmal an einem praktischen Beispiel vor: Sie sind im Auto unterwegs, auf dem Beifahrersitz neben Ihnen ein Begleiter Ihrer Wahl. Nachdem Sie an einer roten Ampel schon eine Weile stehen, springt die Ampel auf grün um. Ihr Begleiter sagt: „Die Ampel ist grün“. Was empfinden Sie dabei? Oder eigentlich korrekterweise gefragt: was denken Sie dabei? Sie haben die Wahl: Wenn Sie keinerlei Prägungen und Erfahrungen ähnlicher Art in Ihrem Unterbewusstsein abgelegt haben, denken Sie vermutlich: „Stimmt. Es ist grün“, legen den Gang rein und fahren los. In wenigen Sekunden werden Sie das Ereignis möglicherweise sogar vergessen haben, denn es hat keine Bedeutung, ist in Ihrer Bewertung neutral. Sie könnten beispielsweise auch denken: „Super, endlich mal ein Beifahrer, der vorausschauend mitfährt!“ Ihre Gedanken sind positiv, die emotionale Folge: sie freuen sich vermutlich.
Vielleicht halten Sie aber auch folgendes für möglich: Die Ampel springt auf Grün um, der Beifahrer sagt: „Die Ampel ist grün.“  Und Sie? Sie beginnen, zu grummeln. Warum? Ihr Gedanke: „Blödmann. Sehe ich doch selbst. Hält der mich für dämlich?“ Und schon befinden Sie sich im Karussell Ihrer selbst erdachten Gefühlswelt und schaukeln sich in eine Schleife schlechter Laune, die Ihnen in Folge gründlich den Tag vermiest. Selbst schuld? Nun ja – eigentlich schon.
Obwohl man sagen darf: Ihre Gefühle selbst haben Sie nicht zu verschulden, allerdings dürfen Sie verantworten, ob und wie Sie die Situation aufgrund Ihrer eigenen Prägung und zugrundeliegenden Mustern bewertet haben. Das heißt: Wie wir geprägt sind, bestimmt unser Denken über eine Sache oder ein Ereignis. Was wir über ein Ereignis denken und wie wir es bewerten, lenkt unsere Gefühle und Emotionen. Und die wiederum sorgen dann auch noch dafür, dass wir die entsprechenden Körperreaktionen erfahren: roter Kopf, steigender Blutdruck und Adrenalinspiegel, Schweißausbrüche, Händezittern, etc.. Wer zu meiner Generation gehört, fühlt sich jetzt möglicherweise an Otto Waalkes’ unvergesslichen Sketch „Der Menschliche Körper“ erinnert (und wer nicht und neugierig geworden ist, kann ihn u.a. auf Youtube finden). Tatsächlich: so ähnlich läuft auch der Prozess ab, der uns „fühlen“ lässt.

Was heißt Gefühls- und Emotionsmanagement?

Emotionen selbst sind also wie gesagt nicht direkt, nur indirekt beeinflussbar. Ziel des Gefühls- oder Emotionsmanagements ist es daher, diejenigen Faktoren offen zu legen, die beeinflussbar und damit veränderbar sind. Das heißt nicht, Empfindungen und Empfindlichkeiten jedweder Art unterdrücken zu lernen, sondern einen bewussten Prozess zu steuern, bei dem die Gefühle
•    als solche überhaupt erst wahrgenommen werden,
•    als Ausdruck der eigenen Denkmuster gefiltert und damit den eigentlichen
Auslösern und Ursachen zugeordnet werden,
•    Überreaktionen erkannt und reguliert werden können,
•    in eine der Situation angemessen Bahn gelenkt werden,
•    auch in Worten ausgedrückt werden können,
•    Ziel führend genutzt werden können.

Das Ergebnis sind neue Reaktions-, Denk- und Verhaltensmuster, die eine ausgewogenere Alternative zwischen den Extremen „Klappe halten und schlucken“ und „hysterisch explodieren“ bilden und es trotzdem ermöglichen, seinen Gefühlen Raum zu geben. Mit den „guten“ Gefühlen ist das leicht, warum sollten wir die verändern wollen? Die eigentliche Herausforderung beginnt bei dem, was wir „negative“ Gefühle nennen. Die wollen wir lieber „weg“ haben, die stören uns, die machen uns das Leben schwer!

Den kompletten Artikel in der 2. Ausgabe der Zeitschrift „Coach!n“ können Sie hier lesen.

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